Das Sportgericht hat in der mündlichen Verhandlung am 29.11.2023 für Recht erkannt:
1. Der C-JUN-Spieler vom FC Erfurt Nord e.V. wird wegen Tätlichkeit gegen den Schiedsrichter in Anwendung des § 40 (1) lit. a) Rechts- und Verfahrensordnung des TFV (RuVO) und entsprechend § 42 (4) lit. g) der RuVO mit einer Zeitsperre bis 31.12.2024 für alle Spiele gem. §14 (1) Spielordnung des TFV (SPO) verurteilt.
2. Bis zum Ablauf der unter 1. festgelegten Zeitsperre ist der C-JUN-Spieler auch für alle anderen Spiele iSd § 14 (1) SPO einer anderen Mannschaft seines Vereins oder anderer Vereine bis zum 31.12.2024 gesperrt.
3. Wegen Verstoß gegen § 18 SpO und nicht ausreichendem Ordnungsdienst sowie unzureichendem Schutz des Schiedsrichters beim Abgang nach dem o. g. Spiel wird der Verein FC Erfurt Nord e.V. entsprechend § 40 (1) lit. b) RuVO und § 43 (9) RuVO zu einer Geldstrafe iHv 250,00 € verurteilt.
Entscheidungsgründe:
Die vom betroffenen C-JUN-Spieler begangene Tätlichkeit gegen den Schiedsrichter nach dem Spiel mit der Nr. 650392033 der C-Junioren KOL am 28.10.2023 des FC Erfurt Nord gegen den FSV Sömmerda II e.V. erfüllt zur Überzeugung des Sportgerichts die tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 40 (1) lit. a, 42 (4) lit. g) der RuVO.
Danach können gegen Spieler für Tätlichkeiten gegen den Schiedsrichter bzw. dessen Assistenten Strafen von mindestens acht Spielen Sperre und Geldstrafen bis 750,00 Euro verhängt werden. In schweren Fällen kann dies bis zum Ausschluss aus dem Verband führen.
Der Schlag des betroffenen Spielers gegen die Wange des Schiedsrichters stellt bereits – dies dürfte vorliegend unstrittig sein – denknotwendigerweise eine Tätlichkeit iSd § 42 (4) lit. g) RuVO dar.
Das Sportgericht verkennt an dieser Stelle nicht den Umstand, dass sich das maßgebliche schädigende Ereignis außerhalb des Sportgeländes des Vereins FC Erfurt Nord e.V. zugetragen hat. Jedoch stand dieses in einem dermaßen engen zeitlichen, räumlichen sowie sachlichen Zusammenhang mit dem fortwährenden aggressiven Verhalten des betroffenen Spielers nach seinem Feldverweis in der 59. Minute des o.g. Spiels, dass zur Überzeugung des Sportgerichts eine Zuordnung zu § 42 (4) lit. g) RuVO als strafbewährte Norm vorgenommen werden konnte.
Die Strafzumessung mit einer zeitlichen Sperre bis einschließlich 31.12.2024 hält das Sportgericht für (noch) angemessen, um den Unrechtsgehalt hinreichend abzugelten, zugleich aber auch für erforderlich, um nachhaltig auf den Spieler einzuwirken und ihn von Wiederholungen des beanstandeten Verhaltens abzuhalten.
Gemäß § 40 (3) Satz 2 RuVO hätte das Sportgericht erzieherische Maßnahmen gegen den betroffenen Spieler anordnen können, welche das Sportgericht jedoch in die Eigenverantwortung des Vereins FC Erfurt Nord e.V. überstellt.
Das Sportgericht denkt hier insbesondere an die Einbindung in die Vereins- oder Mannschaftsarbeit, um dem betroffenen Spieler ggf. Vor Augen zu halten, welche Tragweite sein Handeln auf dieser Ebene hat.
Die Möglichkeit des in § 42 (4) lit. G) RuVO normierten Verbandsausschlusses des betroffenen Spielers hat das Sportgericht kontrovers diskutiert, im Ergebnis allerdings davon abgesehen, um dem betroffenen Spieler – auch aufgrund seines Alters sowie seiner weiteren (hoffentlich positiven) Persönlichkeitsentwicklung – eine Rückkehr zum geordneten Spielbetrieb nicht gänzlich zu verwehren.
Es hat ebenso davon abgesehen, ein Verbot, sich während eines oder mehrerer Spiele im Innenraum eines/r Stadions/Sportstätte aufzuhalten (vgl. § 40 (1) lit. a) RuVO), auszusprechen, weil dies nach Ansicht des Sportgerichts eines Ausschlusses aus dem Vereinsleben gleichgekommen wäre, welches dazu genutzt werden sollte, das Geschehene nochmals aufzuarbeiten, um künftige schädigende Handlungen des betroffenen Spielers zu vermeiden.
Das Nichtvorhandensein sichtbar gekennzeichneter Ordner sowie der mangelnde Schutz für den Schiedsrichter bei dessen Abgang stellt einen Verstoß gegen § 18 Ziffer 2 und 4 SPO dar und war gem. § 40 (1) lit. b) RuVO und § 43 (9) RuVO mit einer Geldstrafe iHv 250,00 Euro zu ahnden.
Nach § 18 Ziffer 2 Satz 1 SPO haben die am Spiel beteiligten Vereine dem Schiedsrichter besonderen Schutz zu gewährleisten. Satz 2 bestimmt, dass die Vereine und alle Spieler verpflichtet sind, für ausreichenden Schutz des Schiedsrichters und seiner Assistenten vor, während und nach dem Spiel zu sorgen.
Bernd Ortlepp